Mit der Sonne auf Augenhöhe

Als wäre die Sonne zu uns herabgestiegen – überall erstrecken sich weite Felder, die die Farben des Sommers in sich tragen. Näher betrachtet findet man eine Pflanze, die blüht, als wäre sie sich ihrer Wirkung genau bewusst. Mit strahlend gelber Mähne gewährt sie uns warme Gefühle auf Augenhöhe:

Mit einer Wuchshöhe von ein bis zwei, manchmal auch drei Metern können wir der Sonnenblume sozusagen direkt in ihr gelbes Gesicht schauen – den Blick erwidern wird sie allerdings nie. Stehts der Sonne zugeneigt, avanciert die Sonnenblume seit Anbeginn der Menschheitsgeschichte zur `Gottesblume`: Indigene Völker Nord- und Südamerikas verehrten sie als Symbol des Lichts; den Inkas war sie eine Personifikation ihres Gottes. Nachdem sie im 16. Jahrhundert ihren Weg nach Europa fand, galt sie christlichen Missionaren als Blume des Gebets und des menschlichen Seelenlebens.

Ihren wissenschaftlichen Namen – Helianthus Anuus – entnimmt sie der griechischen Sprache. Helios, die Sonne und anthos, die Blume.

Dem von dem römischen Dichter Ovid überlieferten Mythos nach, hat sich die Nymphe Klytia in die Gottheit Apollon verliebt. Nachdem dieser sie jedoch zurückweist, soll sie sich nackt auf einen Stein gesetzt und ihr Unglück beklagend in die Sonne geblickt haben. Nach neun Tagen verfärbte ihr gebrochenes Herz sie braun und gelb – sie wurde zur Sonnenblume, die ihren Kopf fortan stets nach dem Sonnenwagen des Apollon richtet.

So dramatisch der Ursprung ist, der der Sonnenblume damit angedichtet wird, gemeint sein kann sie nicht: Ursprünglich war die Pflanze auf dem amerikanischen Kontinent heimisch und gelangte erst lange nach der Zeit der alten Griechen nach Europa. Was bleibt ist ihr Name. Das anuus bezieht sich dabei darauf, dass es sich bei der Blume um ein einjähriges Gewächs handelt.

So oder so – die Sonnenblume birgt eine ungeheure Kraft und Ausstrahlung, die einige Größen der Kunst zum Gegenstand ihrer Werke machten. So ließen sich unter anderen Gustav Klimt und Vincent van Gogh dazu hinreißen, sie auf der Leinwand zu verewigen. Dabei interessant: Letzterer soll in den Bildern seine Depressionen verarbeitet haben. Entgegen der verbreiteten Ansicht der Sonnenblume als Sinnbild der Freude, der Wärme und des Lebens, stellte er sie in teilweise welkem Zustand dar.

Bei echten Sonnenblumenpflanzen beginnt mit dem Welken gerade der zweite Teil ihres Lebens – größter Beliebtheit erfreuen sich ihre Kerne, die im Herbst geerntet werden: Ob als Teil eines sommerlichen Salates, als Snack für zwischendurch oder als kaltgepresstes Öl, das aufgrund seiner ungesättigten Fettsäuren in einer gesunden Ernährung nicht fehlen darf. Feinschmeckern sei außerdem das Mark der Blattstiele empfohlen, das man roh oder geröstet genießen kann.

Tee aus Sonnenblumen ist nicht nur geschmacklich ein Muss, sondern auch ein echter Hingucker. Die getrockneten Blütenblätter, die gelbe Farbstoffe wie Carotenoide und Flavone enthalten, entfalten einen leicht herben Geschmack, vor allem aber ein sommerlich gelbes Getränk. Das macht die Sonnenblume zum perfekten Begleiter in verschiedensten Kräuter- oder Früchtetees.

Als wäre das nicht genug, soll ein solcher Blütenblättertee auch bei Erkältungen sowie Blasenentzündungen helfen, aufbauend wirken und Fieber senken können. In den Kernen dagegen finden wir Vitamin B und E. Da sie reich an Mineralstoffen sind, können sie helfen unseren Tagesbedarf an Magnesium, Kalium, Eisen, Kupfer und Zink zu decken.

Auf die kalte Jahreszeit zugehend abgeblüht und abgeerntet lässt die Sonnenblume ihren Kopf hängen – wer sich an diesem Anblick nicht stört und der Tierwelt eine Freude machen will, der kann die Kerne an der Blume lassen. Vögel und Eichhörnchen werden sich in den Wintermonaten bedienen.

Die neue Aussaat erfolgt Anfang April im Topf oder auf dem Feld, um auch im nächsten Sommer die Stellvertreter der Sonne wieder ganz in unserer Nähe zu haben.

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Haben Sie am nächsten sonnigen Tag schon was vor?

Die Pflanze die Flügel verleiht

An Wegen und Ufern, auf Äckern und Weinbergen, vor allem aber im eigenen Garten – nahezu überall erkennt das findige Auge die Vogelmiere. Nur allzu häufig wird die kleine Pflanze aus der Familie der Nelkengewächse dabei irrtümlich für Unkraut gehalten. Spätestens seit seiner „Entdeckung“ durch Sebastian Kneipp wissen wir jedoch um die Qualitäten des Krautes.

So ist die von März bis November winzig-weiß blühende Vogelmiere Kennern in der Küche ein geschätzter Begleiter. Ganzjährig frisch verfügbar und praktisch direkt vor der Haustür wachsend, eignen sich die Blätter der Pflanze beispielsweise hervorragend als Salatgrundlage. In dieser Funktion schlägt sie den üblicherweise verwendeten Kopfsalat um Längen: Nicht nur begeistert sie durch ihren milden Geschmack, auch ihre wertvollen Inhaltsstoffe können sich sehen lassen: So enthält die Vogelmiere viel Kalzium und Magnesium sowie bis zu siebenmal so viel Eisen wie ein Kopfsalat. Ganz zu schweigen von ihrem hohen Vitamin-C-Gehalt: Schon 50 g der Pflanze können den täglichen Bedarf eines Erwachsenen decken.

Das macht die Vogelmiere, die auch unter Namen wie Sternmiere, Hühnermiere oder Mausdarm bekannt ist, zur beliebten Zutat in Kräuterquarks und Aufstrichen. Auch in grünen Smoothies macht die Pflanze eine gute Figur. Wird die Vogelmiere gekocht kann man sie wie Spinat zubereiten. Lässt man zwei Löffel der zerkleinerten Pflanze etwa zehn Minuten in einer Tasse mit heißem Wasser ziehen, so erhält man einen ebenso wohlschmeckenden wie wohltuenden Tee.

Auch heilende Wirkungen werden der teppichartig wachsenden Vogelmiere zugeschrieben. So soll die Pflanze, von der – angefangen von dem einzeilig haarigen Stängel bis hin zu ihren Knospen – sämtliche Teile verwendet werden können, bei Atemwegsbeschwerden helfen, und außerdem Linderung bei Schmerzen und Entzündungen versprechen. Zusätzlich wird ihr nachgesagt hustenstillend und schleimlösend zu sein.

Juckreiz und anderen Beeinträchtigungen der Haut soll beispielsweise durch Kompressen oder Bädern mit dem Kraut beizukommen sein. Bei schlecht verheilenden Wunden und Ausschlägen kann ein Umschlag mit frisch zerquetschten Pflanzenteilen helfen.

Nicht zuletzt ist die Vogelmiere allerdings auch Naturfreunden eine Gehilfin, denn an ihr lässt sich das Wetter ablesen: Man kann in den nächsten Stunden mit Sonne rechnen, wenn die kleinen weißen Blüten vollständig geöffnet sind.

Konservieren kann man die Vogelmiere am besten, indem man die im Halbschatten getrocknete Pflanze in Dosen oder Gläser abfüllt. Anschließend kann man sie auch einfrieren.

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